Aah! Der Schrei eines Einsamen und verlassenen Menschen. Der Schrei in das Kissen. Schließlich will ich niemanden stören durch diesen Schrei. Bloß niemanden stören, immer brav sein. Wichtig ist das..Unheimlich wichtig. Niemanden stören. Warum sollte ich auch jemanden stören wollen. Nur nicht aufwecken. Nur niemanden aufwecken durch diesen Schrei. Schreien. Ich will schreien. Meine Verzweiflung laut hinaus rufen über diese meine Einsamkeit. Doch dann würden sich die Menschen gestört fühlen, wenn ich einfach nur diesem Gefühl Ausdruck verleihe. Nein - man darf nicht einfach so nur so schreien. Die Nachbarn mögen es nicht in diesen hellhörigen Mietshäusern. Die Kinder dürfen auch nicht schreien also darf ich es auch nicht. Ich will aber schreien. Ich will. Das Kissen wird naß durch meinen Speicher, der sich aus meinem Mund während des unhörbaren Schreis löste und der Schwerkraft folgend herausläuft. Zu dem Schrei tritt der ärger über den naßen Fleck auf dem Kopfkissen und ich will wieder schreien. Ich darf nicht schreien. Meine Fäuste prügeln plötzlich ungestört und ungehindert auf das Kissen ein. Was kann dieses Kissen dafür. Nichts und rein gar nichts, aber es kann sich nicht wehren. Es ist besser für mich, das Kissen zu verprügeln, als an die Wand zu trommeln. Dabei hätte ich mir nur blutige Fäuste geholt, am Kissen bleiben die Hände heil. Außerdem darf man nicht gegen Wände trommeln, das stört in diesen hellhörigen Häusern. Es stört einfach. Einfach einen Einzigen und mehrfach mehrere Mehrere. Mehrzahl von ein und einem gibt es im Deutschen nicht, derweil gibt es so viele der einsamen Einen, die ihre Mauern um sich in der Masse herumschleppen und nicht die Menschen sind, sondern lauter einzelne Menschen in Mehrzahl.
Unsere Sprache lügt und läßt die Wirklichkeit vergessen. Die Wirklichkeit ist schon längst eine Andere geworden und jeder weiß es, doch keiner kann es sagen. Wenn es ich sagen will gelte ich als verrückt, doch die Wirklichkeit ist verrückt. Es ist nicht mehr das Alte, das Neue und die gesamte Technik gehen schneller voran als unsere Sprache als meine Sprache auf alle Fälle. Ein Schrei von mir ein Schrei von Dir. Kein Schrei von uns. Wir haben uns verloren. Wir treiben auseinander wie auf einer zerbrochenen Eisscholle im Meer. Du sitzt drüben und ich sitze hier. Die Wirklichkeit hat sich unserer Sprache entzogen Du sprichst über Zwei Vier und Sechs und ich spreche über Eins Drei und Fünf und wir glauben über dasselbe zu reden und verstehen uns aber dennoch nicht. Die Zwei antwortete auf meine Eins und meine Drei antwortet auf deine zwei und so entfernen wir uns und der Abstand vergrößert sich und wächst und wächst und doch meinen wir uns immer noch verstanden zu haben, bis wir eines Tages feststellen, daß wir uns nie verstanden haben. Wir dachten immer nur uns verstehen zu können, doch wir haben nie unsere Grenzen überwunden. Ich sagte niemals Zwei und du sagtest niemals Eins. Doch in den Momenten worüber wir nie sprachen und auch in den Momenten selbst schwiegen, wo unsere Augen sich für einen Blick lang trafen und sich in ihren Seelengründen verstanden sahen, da haben wir plötzlich miteinander geredet ohne uns ein Wort zu sagen. Vielleicht waren dies die einzigen Augenblicke wo wir uns wirklich verstanden, wo wir eben schwiegen ohne zu schweigen. Laß uns in Zukunft mehr gegenübersetzen und schweigen, damit wir uns mehr um uns kümmern. Ich will mich mit Dir auseinandersetzen und wenn wir reden dann setzen wir die Worte gekonnt und gezielt gegeneinander, aber wir verstehen uns nicht. Wir trennen uns und finden uns nicht. Wenn ich mit Dir schweige, dann leben wir in einem Augenblick, der mehr ist als nur der Blick in unsere Augen.

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